16/02/2023

Ein Jahr, 100 Falschbehauptungen: NewsGuard hat mehr als 100 falsche Narrative über den Ukraine-Krieg identifiziert

Seit Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine – die sich in wenigen Tagen jährt – haben die Analyst:innen von NewsGuard 105 Falschbehauptungen über den Krieg aufgedeckt, die von 358 Webseiten veröffentlicht wurden. Die Verbreitung der Desinformation wird oft unwissentlich von Werbekunden unterstützt, die auf diesen Webseiten Werbung schalten.

(16. Februar, New York City) Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hat das Journalistenteam von NewsGuard 105 Falschbehauptungen über den Krieg widerlegt und 358 Webseiten identifiziert, die diese Falschnachrichten verbreiten. Die Online-Anzeigen großer Unternehmen unterstützen viele dieser Webseiten ungewollt durch ihre vollautomatisierte Werbeplatzierung, ein Beweis für das anhaltende Versagen der programmatischen Werbeindustrie.

Eine Auswahl der 105 Falschbehauptungen und ihre Widerlegungen sind im Tracking-Center für Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine von NewsGuard zu finden. Das Center betreibt NewsGuard seit dem Beginn der russischen Invasion in mehreren Sprachen ⁠— neben Deutsch auch auf Englisch, Italienisch und Französisch. Täglich identifizieren NewsGuards Analyst:innen neue Online-Narrative und Desinformationsverbreiter, die dort festgehalten werden. In den letzten vier Monaten allein hat NewsGuard 36 Mythen widerlegt und 94 neue Webseiten katalogisiert, die falsche Behauptungen über den Krieg verbreiten. Auch weiterhin wird das Tracking-Center die größten oder wichtigsten Mythen über den Ukraine-Krieg katalogisieren und widerlegen. 

105 Falschnachrichten auf 358 Webseiten – Tendenz steigend

Die meisten der Falschmeldungen, die in dem NewsGuard-Tracker katalogisiert werden, leugnen entweder Russlands angebliche Gräueltaten und andere Übergriffe in der Ukraine oder dämonisieren Ukrainer:innen. In den letzten Wochen hat NewsGuard Behauptungen widerlegt, die den militärischen Erfolg Russlands in der Ukraine übertrieben darstellen oder so weit gingen zu behaupten, NATO-Truppen würden in der Ukraine kämpfen. Wieder andere suggerierten fälschlicherweise, die britische Regierung würde keine ukrainischen Geflüchteten mehr aufnehmen.

Jede der 358 Webseiten im Tracking-Center von NewsGuard hat mindestens eine der 105 im Tracker aufgeführten Falschmeldungen über den Krieg verbreitet. Diese Zahl übersteigt bei weitem die wenigen Webseiten, die von digitalen Plattformen wie Google, Facebook, Twitter und TikTok zu Beginn der Invasion sanktioniert wurden – wie es die europäischen Bestimmungen verlangen.

Unternehmen finanzieren ungewollt russische Desinformation

Fast ein Drittel der Webseiten (112), die von NewsGuard als Verbreiter von Falschinformationen über den Krieg identifiziert wurden, erzielt weiterhin programmatische Werbeeinnahmen. Viele dieser Anzeigen werben für die größten Unternehmen weltweit ohne deren Wissen oder Absicht. Von diesen 112 Webseiten wird auf 41 programmatische Werbung über eine von Google bereitgestellte Software geschaltet ⁠— diese Plattform schaltet Online-Werbung für die größten Marken der Welt. Das undurchsichtige Schalten von programmatischer Werbung bedeutet, dass Unternehmen meist nichts davon wissen, dass ihre Anzeigen auf Webseiten mit Falschinformationen angezeigt werden.

So schaltet Google beispielsweise weiterhin Anzeigen auf Pravda (nicht zu verwechseln mit dem deutschsprachigen Angebot Pravda-tv.com, das ebenfalls Desinformation verbreitet), einer Kreml-nahen Webseite, die in mehreren Sprachen betrieben wird und einem politischen Verbündeten von Wladimir Putin gehört. NewsGuards Analyst:innen fanden zahlreiche Falschmeldungen auf der Webseite, darunter: die USA entwickeln Biowaffen speziell gegen Russ:innen, ukrainische Beamt:innen haben millionenschwere Immobilien in der Schweiz erworben und das ukrainische Militär hat in Frankreich hergestellte Artilleriesysteme an Russland verkauft.

Neben diesen Falschmeldungen fanden die NewsGuard-Analyst:innen auf Pravda Anzeigen zahlreicher bekannter Marken, etwa Hertz, Sotheby’s, Petco, Lending Tree, Cars.com, AAA, Norton, Toshiba und Google. Viele weitere Marken sind außerdem auf den anderen 111 von NewsGuard identifizierten Webseiten aufgetaucht, die Desinformation über den Krieg verbreiten und von programmatischer Werbung profitieren. Insgesamt unterstützen Hunderte Marken durch ihre Werbung ungewollt russische Desinformation.

Die Unterstützung von Verbreitern russischer Desinformation durch Werbung verstößt tatsächlich seit letztem Jahr gegen den Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation der Europäischen Kommission, der im Juni 2022 überarbeitet wurde. Darin werden Werbetreibende und Ad-Tech-Unternehmen aufgefordert, Werbung von Webseiten zu entfernen, die wiederholt russische Desinformationen verbreiten. Zu den Unterzeichnern des Kodex gehören die digitalen Plattformen, mehrere Werbetechnologieunternehmen und NewsGuard.

“Ein Jahr nach der Invasion Russlands in der Ukraine versucht der Kreml weiterhin, das Publikum auf der ganzen Welt durch seine unerbittliche Desinformationskampagne zu verunsichern und zu überzeugen. Auffallend an dieser Kampagne ist die schiere Menge der falschen Behauptungen und der Quellen, die sie verbreiten, sowie die immer wiederkehrenden Themen in den falschen Narrativen”, so Steven Brill, Co-CEO von NewsGuard. “Die Regierung Putins stützt sich auf eine Mischung aus offiziellen staatlichen Medienquellen, anonymen Webseiten und Accounts sowie anderen Methoden, um Falschbehauptungen zu verbreiten. Diese zielen darauf ab, russische Interessen zu fördern und ihre Gegner zu untergraben. Wir werden weiterhin die wichtigsten Falschbehauptungen verfolgen, sobald sie auftauchen, und wir werden weiterhin Webseiten identifizieren und bewerten, die Propaganda-Falschmeldungen veröffentlichen.”

“Führende digitale Plattformen des Silicon Valley versäumen es weiterhin, Verantwortung für die Unterstützung dieser Webseiten zu übernehmen. Die Regierung Putins hat das ausgenutzt,” sagt Gordon Crovitz, Co-CEO von NewsGuard. “Abgesehen von der Irreführung der Leser:innen sind Werbetreibende verständlicherweise schockiert, wenn sie erfahren, dass Google und andere Ad-Tech-Anbieter ihre Anzeigen auf Webseiten schalten, die Putins Desinformation unterstützen. Damit subventionieren sie nicht nur russische Propagandabemühungen, sondern gefährden ihr Markenimage.” 

Digitale Plattformen, Werbetreibende, Werbeagenturen, Ad-Tech-Unternehmen, Forscher:innen, Regierungsbehörden oder andere Institutionen, die an der vollständigen Liste der Webseiten-Domains interessiert sind, können NewsGuards Team hier kontaktieren.

Über NewsGuard

NewsGuard wurde im März 2018 vom Medienunternehmer und preisgekrönten Journalisten Steven Brill und dem ehemaligen Wall Street Journal-Herausgeber Gordon Crovitz gegründet und bietet Ratings und detaillierte Mediensteckbriefe für Tausende von Nachrichten- und Informationswebseiten. NewsGuard bewertet alle Webseiten, die für 95% der Online-Interaktionen in den USA, Großbritannien, Kanada, Deutschland, Frankreich und Italien verantwortlich sind. Im August 2022 launchte NewsGuard zudem in Österreich. Zu den Produkten von NewsGuard gehören NewsGuard, BrandGuard (das Unternehmen unterstützt, die sich um Brand Safety bemühen) und der Misinformation Fingerprints Datensatz mit widerlegten Desinformationsnarrativen.

Im Jahr 2022 begann NewsGuard außerdem mit der Bewertung von TV-News-Programmen und -netzwerken in den USA anhand ähnlicher Kriterien wie bei Webseiten, jedoch angepasst an das Videoformat. Die TV-Bewertungen von NewsGuard sind die ersten, die über die ursprünglichen Bewertungen von Webseiten hinausgehen. Ab 2023 können auch Bewertungen für Podcasts lizenziert werden.

Die Bewertungen von NewsGuard werden von geschulten Journalist:innen anhand unpolitischer Kriterien der journalistischen Sorgfalt durchgeführt.

Die Bewertungen und Mediensteckbriefe von NewsGuard können von Browsern, Nachrichtenaggregatoren, Bildungsunternehmen sowie Social-Media- und Suchplattformen lizenziert werden, um ihren Nutzer:innen die Informationen von NewsGuard über Nachrichtenwebseiten zur Verfügung zu stellen. Verbraucher können auch auf die Bewertungen der Webseiten von NewsGuard zugreifen, indem sie ein Abonnement für NewsGuard abschließen, das 4,95 $/Monat, 4,95 €/Monat oder 4,95 £/Monat kostet. Es beinhaltet den Zugriff auf NewsGuards Browser-Erweiterung für Chrome, Safari und Firefox sowie die mobile App für iOS und Android. Die Erweiterung ist für den Edge-Browser von Microsoft im Rahmen einer Lizenzvereinbarung mit Microsoft kostenlos erhältlich. Hunderte von öffentlichen Bibliotheken weltweit erhalten kostenlosen Zugang zur Erweiterung von NewsGuard auf ihren öffentlich zugänglichen Computern, um ihren Besucher:innen mehr Kontext für Online-Nachrichten zu bieten. Weitere Informationen, den Download der Browser-Erweiterung und Informationen über den Bewertungsprozess, finden Sie unter newsguardtech.com.