Tracking-Center für Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine

NewsGuard hat 473 Webseiten identifiziert, die Desinformationen über Russland und die Ukraine verbreiten und katalogisiert laufend die am weitesten verbreiteten Falschaussagen.

Von Madeline RoacheSophia TewaAlex CadierChine LabbeVirginia PadoveseRoberta SchmidEdward O’ReillyMarie RichterKarin KönigMcKenzie Sadeghi, Chiara Vercellone, Zack FishmanNatalie AdamsValerie PavilonisShayeza Walid, Kelsey GriffinCoalter Palmer, Andie Slomka, Louise Vallée, Akshata Kapoor, Eva Maitland, Macrina Wang und Kathryn Palmer.

Zuletzt aktualisiert am 19. April 2024

Schon Monate vor dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine am 24. Februar 2022 kursiereten im Netz zahlreiche Falschaussagen über den Krieg in der Ukraine, von denen viele durch den Desinformationsapparat des Kremls verbreitet wurden. Von falschen Behauptungen über einen ukrainischen Völkermord an russischsprachigen Ukrainer:innen bis hin zu Behauptungen, dass der Nationalsozialismus in der politischen Führung der Ukraine Wurzeln geschlagen habe. Diese und Dutzende andere Falschbehauptungen scheinen darauf abzuzielen, die demokratisch gewählte aktuelle Führung der Ukraine zu diskreditieren. Sie werden außerdem dazu benutzt, Russlands Invasion der Ukraine zu rechtfertigen.

NewsGuard hat mehr als 200 falsche Behauptungen über den Krieg in der Ukraine widerlegt und 473 Webseiten identifiziert, die diese Mythen verbreiten. Die meisten Mythen leugnen Russlands angebliche Gräueltaten und Übergriffe in der Ukraine, oder dämonisieren Ukrainer:innen. Jedoch entlarvte NewsGuard auch einige pro-ukrainische und antirussische Mythen, die von manipulierten Bildern des Ghost of Kiew bis hin zu irreführendem Filmmaterial über angebliche russische Angriffe reichten..

Aktueller Stand: 473 Webseiten die Falschinformationen zum Krieg verbreiten und mehr als 200 widerlegte Falschaussagen

  • Englischsprachige Webseiten: 239
  • Französischsprachige Webseiten: 60
  • Deutschsprachige Webseiten: 54
  • Italienischsprachige Webseiten: 46
  • Andere: 74

Das Team von NewsGuard hat bereits 473 Domains identifiziert, die pro-russische Propaganda und andere Desinformation veröffentlicht haben und beobachtet diese laufend. Zu diesen Webseiten gehören offizielle russische Staatsmedien, die von einigen digitalen Plattformen seit Beginn der russischen Invasion vorübergehend blockiert worden sind. 

Aber auch viele Webseiten, die keine offiziellen Propagandaorgane der russischen Regierung sind und von den Plattformen nicht sanktioniert werden, verbreiten falsche Behauptungen, die die Regierung von Wladimir Putin stützen. Zu diesen Quellen gehören anonyme Webseiten, Stiftungen und Forschungswebseiten mit unbekannter Finanzierung – von denen zumindest einige möglicherweise nicht offen gelegte Verbindungen zur russischen Regierung haben.

Einige der einflussreichsten Webseiten, die nachweislich pro-russische Propaganda und Desinformation verbreiten, werden von der russischen Regierung finanziert. Sie können NewsGuards Mediensteckbriefe für einige dieser Webseiten hier einsehen, darunter de.rt.com, snanews.de und TASS (englisch).

Das Team von NewsGuard beobachtet diese und Dutzende anderer Webseiten, die wir als Verbreiter von Russland-Ukraine-Desinformationsnarrativen identifiziert haben.

Russland setzt eine vielschichtige Strategie ein, um falsche und verzerrte Narrative zu verbreiten. Dabei bedient es sich einer Mischung aus offiziellen staatlichen Medienquellen, anonymen Webseiten und Social Media Accounts und anderen Methoden, um Propaganda zu verbreiten, die die Interessen des Kremls fördert und Gegner untergräbt. Die von der Regierung finanzierten und betriebenen Webseiten nutzen digitale Plattformen wie YouTube, Facebook, Twitter, Telegram und TikTok, um Falschaussagen zu verbreiten. NewsGuard erfasst diese Quellen und Methoden seit 2018 und lizenziert seine Daten über russische Propagandabemühungen an das US-Außenministerium, das US-Cyberkommando und andere Regierungs- und Verteidigungseinrichtungen.

Im Jahr 2020 hat das Global Engagement Center des US-Außenministeriums unter Berufung auf die Berichte und Daten von NewsGuard in seinem Bericht “Pillars of Russia’s Disinformation and Propaganda Ecosystem” die wesentlichen Komponenten dieser Bemühungen beschrieben.

Forscher:innen, Plattformen, Werbetreibende, Regierungsbehörden oder andere Institutionen, die an der vollständigen Liste der Domains interessiert sind oder Einzelheiten zu unseren Faktenchecks erhalten möchten, können uns hier kontaktieren.

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl einiger Falschaussagen aus unseren laufenden Recherchen und die entsprechenden Widerlegungen:

FALSCHBEHAUPTUNG: Russland stiehlt kein Getreide von der Ukraine und blockiert keine Lieferungen, wie der Westen behauptet hat.

TATSACHE: Ende April 2022 gab das ukrainische Außenministerium eine Erklärung heraus, in der es Russland des “illegalen Getreidediebstahls” und der Blockade von Lieferungen aus ukrainischen Häfen beschuldigte, womit Russland “die weltweite Ernährungssicherheit gefährdet”. Der russische Präsident Wladimir Putin, der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, und andere russische Verbeamtete haben die Anschuldigungen der Ukraine wiederholt zurückgewiesen.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Beweise dafür, dass Russland ukrainisches Getreide in den besetzten Regionen Cherson und Saporischschja gestohlen hat – darunter Aussagen von Landwirten in den besetzten Gebieten, Berichte seriöser Nachrichtenagenturen und Satellitenbilder.

In einer Untersuchung der BBC vom Juni 2022 wurde bereits festgestellt, dass sich die “Beweise häufen”, dass russische Streitkräfte den Ukrainer:innen Getreide stehlen. In einem separaten Bericht von BBC Russian und BBC Ukrainian wurde festgestellt, dass die russischen Streitkräfte den ukrainischen Landwirt:innen den Abkauf von Getreide zu Preisen angeboten haben, die deutlich unter den Marktpreisen lagen – was von einigen als Erpressung angesehen wurde. In einer Untersuchung des Wall Street Journal vom Juli 2022 wurde detailliert beschrieben, wie Russland eine geheime Schmugglergruppe aufbaute, um Getreide aus der Ukraine für seine Verbündeten im Nahen Osten zu stehlen.

Die vom US-Raumfahrtunternehmen Maxar Technologies veröffentlichten Satellitenbilder vom Mai 2022 zeigten Schiffe unter russischer Flagge, die im Hafen von Sewastopol auf der Halbinsel Krim mit Getreide beladen wurden. Die Aufnahmen lassen darauf schließen, dass dieselben Schiffe einige Tage später in Syrien, einem Verbündeten Russlands, angedockt waren, so Maxar.

Ähnliches zeigt auch eine Analyse des Unternehmens für Maritime Analytik Windward vom Juli 2022. Darin sind Routen von Schiffen aufgeführt, die – so die Firma – in eine “koordinierten Aktion zum Schmuggeln von angeblich aus der Ukraine gestohlenem Getreide” nach Syrien und in die Türkei beteiligt waren.

FALSCHBEHAUPTUNG: Das Massaker an der Zivilbevölkerung in Butscha (Ukraine) war inszeniert.

TATSACHE: Anfang April 2022 dokumentierten mehrere Nachrichtenorganisationen, darunter Reuters, Associated Press und AFP, die Ermordung von Zivilist:innen in Butscha, einer Stadt in der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew, die seit dem 27. Februar 2022 etwa einen Monat lang von Russland besetzt war. Verschiedene Nachrichtenorganisationen sprachen nach dem Abzug der russischen Armee mit Bewohnern von Butscha. Sie alle sagten, die Russen seien für die Tötung von Zivilist:innen verantwortlich.

Die russische Regierung bestritt diese Darstellungen. In einer Erklärung des russischen Außenministeriums vom 3. April 2022 hieß es, dass “kein einziger Anwohner Opfer von Gewalttaten geworden ist”. Am 3. April 2022 teilte das russische Außenministerium auf Telegram eine Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums, in der behauptet wurde, dass “die Fotos und Videoaufnahmen aus Butscha eine weitere Falschmeldung sind, eine Inszenierung und Provokation des Kiewer Regimes für die westlichen Medien”.

Am 3. April 2022 teilte das russische Verteidigungsministerium auf Telegram eine verlangsamte Version eines Videos, das ursprünglich vom ukrainischen Fernsehsender Espreso.tv veröffentlicht wurde. In dem Telegrammposting wurde behauptet, dass eine Leiche zu sehen sei, die ihren Arm hebt, und eine andere, die sich hinsetzt, was beweise, dass sie am Leben seien. “Das Video der Leichen ist verwirrend: In der 12. Sekunde bewegt die ‘Leiche’ auf der rechten Seite ihren Arm. Bei der 30. Sekunde setzt sich die ‘Leiche’ im Rückspiegel hin”, heißt es in dem Beitrag. “Die Leichen in dem Video scheinen absichtlich angeordnet worden zu sein, um ein dramatischeres Bild zu erzeugen.

Tatsächlich ist auf dem Video nicht zu sehen, wie eine der Leichen ihren Arm hebt. Shayan Sardarizadeh, ein BBC-Journalist, der sich mit Online-Desinformation befasst, veröffentlichte auf Twitter eine noch stärker verlangsamte Version des Videos, die von der internationalen Fact-Checking-Gruppe Aurora Intel bereitgestellt wurde. Sardarizadeh merkte an, dass das von NewsGuard überprüfte Video zeige, dass eine Markierung oder ein Regentropfen auf dem Bildschirm den falschen Eindruck erweckt habe, dass sich der Körper in den Clips mit niedriger Auflösung bewege.

Das Video zeige auch keine Leiche, die sich “hinsetzt”, wie von russischer Seite behauptet. Laut Sardarizadeh zeigt die “verlangsamte Version, dass die Gebäude im Hintergrund durch einen Rückspiegel verzerrt sind. Durch die Komprimierung in den sozialen Medien erweckt das Video den Eindruck, dass sich die Leiche bewegt”. Dasselbe Phänomen wurde auch von der finnischen Faktenprüferin Janne Ahlberg nachgewiesen.

Eine von der New York Times am 4. April 2022 durchgeführte Überprüfung von Videos und Satellitenbildern zeigte, dass viele der toten Zivilist:innen, die auf den Straßen von Butscha liegen, Mitte März 2022 getötet wurden, als Russland nach eigenen Angaben die Kontrolle über Butscha hatte. Ein Video, das von einem Mitglied des Gemeinderats am 1. April 2022 gefilmt wurde, zeigt der Times zufolge mehrere Leichen, die entlang der Yablonska-Straße in Butscha verstreut liegen. Satellitenbilder, die der Zeitung von Maxar Technologies, einem in Colorado ansässigen Raumfahrtunternehmen, zur Verfügung gestellt wurden, zeigten, dass mindestens 11 der Leichen zwischen dem 9. und 11. März 2022 auf den Straßen von Butscha zu sehen waren und daher wahrscheinlich in diesem Zeitraum getötet wurden.

Außerdem berichteten Einwohner:innen von Butscha gegenüber Human Rights Watch, dass im März 2022 Zivilist:innen von Russen getötet wurden. In einem Bericht vom 3. April 2022 erklärte die internationale Menschenrechtsorganisation, dass die russischen Streitkräfte in Butscha fünf Männer festgenommen und einen von ihnen am 4. März 2022 kurzerhand hingerichtet hätten.

Am 19. Mai 2022 veröffentlichte die New York Times einen ausführlichen Bericht über die Hinrichtung acht ukrainischer Männern durch russische Fallschirmjäger, die am 4. März 2022 die Stadt Butscha besetzt hatten. Der Artikel stützte sich auf Augenzeugenberichte und drei Videos. Die Zeitung erhielt ein von einem Zeugen aufgenommenes Video, auf dem zu sehen ist, wie Gefangene mit vorgehaltener Waffe in einer Reihe geführt werden, flankiert von russischen Truppen. Dann sieht man, wie die Soldaten die Gefangenen zu Boden zwingen, darunter einen Mann, der ein hellblaues Sweatshirt mit Kapuze trägt. “Das Video endet”, so die Times, “aber acht Zeugen berichteten der Times, was danach folgte. Die Soldaten brachten die Männer hinter ein nahegelegenes Bürogebäude, das die Russen übernommen und in einen behelfsmäßigen Stützpunkt verwandelt hatten. Es fielen Schüsse. Die Gefangenen kehrten nicht zurück.”

Die Times berichtete, dass sie auch ein Drohnenvideo erhalten hat, das am 5. März 2022 gefilmt wurde. Es zeigt die Leichen in der Yablonska-Straße, neben denen zwei russische Soldaten stehen. Die Times schreibt: “Zwischen den Leichen war ein heller blauer Streifen zu sehen – der Gefangene im blauen Sweatshirt.” Die Times bezeichnete die Videos als den “bisher klarsten Beweis” dafür, dass sich die ukrainischen Männer “Minuten vor ihrer Hinrichtung in der Obhut der russischen Truppen befanden”.

FALSCHBEHAUPTUNG: Videos zeigen, wie der “Ghost of Kyiv” russische Flugzeuge abschießt.

TATSACHE: Am 24. Februar 2022 schrieb der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Valerii Zaluzhnyi, in einem Beitrag auf Facebook, dass am ersten Tag der russischen Invasion in der Ukraine mindestens sechs russische Flugzeuge und zwei Hubschrauber zerstört worden seien. Am folgenden Tag tauchte auf Twitter und Facebook ein Video auf, das angeblich den Abschuss eines russischen Su-35-Kampfjets durch eine ukrainische MiG-29 zeigt. Das Video wurde anschließend vom ukrainischen Verteidigungsministerium retweetet. Einige Nutzer behaupteten, das Video zeige “den Ghost of Kyiv”, einen nicht identifizierten ukrainischen Piloten, der mehrere russische Flugzeuge abgeschossen haben soll.

Das oben erwähnte Video einer ukrainischen MiG-29, die eine russische Su-35 abschießt, ist kein echtes Filmmaterial, sondern wurde mit dem Videospiel Digital Combat Simulator (abgekürzt “DCS”) aufgenommen und dann von Nutzer:innen sozialer Medien falsch betitelt. Das Video, das auf Twitter und Facebook gepostet wurde, wurde zuerst auf YouTube mit dem Titel “GHOST OF KIEV KILL” hochgeladen und die Beschreibung lautete: “Dieses Material stammt aus DCS, wurde aber dennoch aus Respekt vor ‘The Ghost of Kiev’ gemacht”.

Die Existenz des “Ghost of Kyiv” wurde weder festgestellt noch nachgewiesen. Zwar haben der ukrainische Generalstab und der ehemalige Präsident Petro Poroschenko in den sozialen Medien auf den “Ghost of Kyiv” Bezug genommen, und die britische Times berichtete, dass “eine ukrainische Militärquelle” die Existenz des Piloten bestätigt habe. Doch Bemühungen von Organisationen wie PolitiFact und der Deutschen Welle, die Existenz des “Ghost of Kyiv” zu bestätigen, wurden von der ukrainischen Regierung nicht beantwortet.

FALSCHBEHAUPTUNG: Nationalsozialismus ist in der ukrainischen Politik und Gesellschaft weit verbreitet und wird von der Regierung in Kiew unterstützt.

TATSACHE: Radikale rechtsextreme Gruppen gibt es zwar in der Ukraine, und einem Bericht von Freedom House aus dem Jahr 2018 zufolge stellen sie eine “Bedrohung für die demokratische Entwicklung der Ukraine” dar. Jedoch heißt es in dem Bericht auch, dass Rechtsextreme in der Ukraine kaum politisch vertreten sind und keinen plausiblen Zugang zu politischer Macht haben. Tatsächlich erhielt die rechtsextreme nationalistische Partei Svoboda bei den Parlamentswahlen 2014 lediglich 4,7 Prozent der Stimmen. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 erhielt der Svoboda-Kandidat Ruslan Koshulynskyy nur 1,6 Prozent der Stimmen, und bei den Parlamentswahlen kam Svoboda auf 2,2 Prozent der Stimmen. Svoboda hat derzeit einen Sitz im Parlament.

Diese falsche Behauptung geht Hand in Hand mit ebenfalls falschen Behauptungen über einen weit verbreiteten Antisemitismus in der Ukraine. Im Jahr 2014 behauptete der russische Präsident Wladimir Putin, dass in bestimmten Teilen der Ukraine “antisemitische Kräfte wüten” ⁠— eine Aussage, der Vertreter:innen der jüdischen Community der Ukraine widersprachen. Führende Vertreter:innen der jüdischen Community unterzeichneten einen offenen Brief an Putin, in dem sie erklärten, dass seine Behauptungen über den Anstieg des Antisemitismus nicht den “tatsächlichen Fakten” entsprächen. Ein Bericht der National Minority Rights Monitoring Group, einer NGO, die Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in der Ukraine beobachtet, stellte 2018 fest, dass die Zahl der antisemitischen Vorfälle in der Ukraine in den letzten Jahren zurückgegangen ist.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der jüdisch ist, wandte sich am 24. Februar 2022 in einer Rede an die russische Öffentlichkeit und sagte, dass diese Behauptungen nicht die “wahre” Ukraine widerspiegeln. “Man sagt Ihnen, wir seien Nazis. Aber können Menschen, die mehr als 8 Millionen Menschen im Kampf gegen den Nationalsozialismus verloren haben, den Nationalsozialismus unterstützen?”

FALSCHBEHAUPTUNG: Die USA verfügen über ein Netzwerk von Biowaffenlaboren in Osteuropa.

TATSACHE: Am 24. Februar 2022 wurde in den sozialen Medien unter dem Hashtag #USBiolabs ein Beitrag des Twitter-Accounts @WarClandestine geteilt. Darin wurde die Vermutung geäußert, dass die russische Invasion in der Ukraine in Wirklichkeit auf US-Biowaffenlabore in der Ukraine abzielte. In dem Thread wurden Behauptungen russischer Verbeamteter zitiert, die USA unterhielten ein Netz von Biowaffenlabore in der Nähe der russischen Grenzen in Osteuropa. Russische Staatsmedien haben mindestens seit 2016 ähnliche Behauptungen aufgestellt.

Diese Behauptungen beruhen in der Regel auf einer falschen Darstellung des Programms des US-Verteidigungsministeriums zur Reduzierung biologischer Bedrohungen. Dieses Programm arbeitet mit Partnerländern zusammen, um die Bedrohung durch Ausbrüche gefährlicher Infektionskrankheiten zu verringern, indem es den Partnern hilft, gefährliche Erreger zu sichern und Ausbrüche schnell zu erkennen, so die Website der US-Botschaft in der Ukraine.

Die USA unterstützen die ukrainischen Labors seit 2005, als das ukrainische Gesundheitsministerium und das US-Verteidigungsministerium ein Abkommen unterzeichneten, das die Bedrohung durch Bioterrorismus eindämmen sollte. Dazu sollten Schutzmaßnahmen für tödliche Krankheitserreger aus biologischen Waffenprogrammen der Sowjet-Ära eingeführt werden. Das Programm zur Verringerung biologischer Bedrohungen hat seitdem zum Bau und zur Modernisierung ukrainischer Labors beigetragen. Die Labore selbst werden von der ukrainischen Regierung betrieben und hauptsächlich von ihr finanziert. Der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) erklärte in einer Erklärung vom Mai 2020 zu Behauptungen über das Vorhandensein biologischer US-Militärlabors, dass “keine ausländischen biologischen Labors in der Ukraine tätig sind”.

FALSCHBEHAUPTUNG: Die russischsprachige Bevölkerung im Donbas ist einem Völkermord ausgesetzt.

TATSACHE: Der Internationale Strafgerichtshof, das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben alle erklärt, dass sie keine Beweise für einen Völkermord im Donbas gefunden haben. (Der Donbas ist die ostukrainische Region, die seit 2014 teilweise von den von Russland unterstützten Separatist:innen besetzt ist.) Laut der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der UNO gibt es keine Hinweise auf einen vermeintlichen “Genozid”. Die US-Mission bei der OSZE bezeichnete die Völkermord-Behauptung in einem Beitrag vom 16. Februar 2022 auf ihrem offiziellen Twitter-Account als “verwerfliche Unwahrheit”. Sie sagte, dass die Mission “vollständigen Zugang zu den von der Regierung kontrollierten Gebieten der Ukraine hat und NIEMALS etwas berichtet hat, das den russischen Behauptungen auch nur im Entferntesten ähnelt”, fügte sie hinzu. 

In einem Bericht des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte aus dem Jahr 2021 werden den Behörden der Republiken Donezk und Lugansk verschiedene Verstöße vorgeworfen. Dazu gehören schwere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die Erzwingung der russischen Staatsbürgerschaft, die Verweigerung von Sachverständigen für die Inhaftierten und willkürliche Verhaftungen. Gleichzeitig berichteten die Vereinten Nationen von drei Fällen willkürlicher Verhaftungen und Misshandlungen durch den ukrainischen Geheimdienst SBU und 13 solcher Fälle in den selbsternannten Republiken, die nach Angaben der Vereinten Nationen “in der Regel” von Verbeamteten des Ministeriums für Staatssicherheit (MGB) durchgeführt wurden.

In einem Bericht des Internationalen Strafgerichtshofs aus dem Jahr 2016 wurde festgestellt, dass die von den ukrainischen Behörden in den Jahren 2013 und 2014 angeblich begangenen Gewalttaten einen “gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Angriff” darstellen könnten. Er stellte jedoch auch fest, dass “die verfügbaren Informationen keine vernünftige Grundlage für die Annahme lieferten, dass der Angriff systematisch oder weit verbreitet war”.