Misinformation Monitor: Februar 2022

Nur scheinbar vertrauenswürdig: Mehr als 20 Prozent der von NewsGuard bewerteten .org-Seiten sind unzuverlässig

Von Melissa Goldin
Mit Beiträgen von Sara Badilini, Alex Cadier, Chine Labbé, Kendrick McDonald, Virginia Padovese, Giulia Pozzi und Marie Richter

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Die "rot" bewertete Webseite einer Non-Profit-Organisation, ChildrensHealthDefense.org, veröffentlichte im Juni 2021 einen Artikel, der die Falschaussage verbreitete, dass Bestandteile der COVID-19-Impfstoffe giftig seien. (Screenshot über NewsGuard)

Public Interest Registry (PIR), eine US-amerikanische gemeinnützige Organisation, die alle .org-Domains besitzt und verwaltet und sich für politische Fragen im Zusammenhang mit dem Internet einsetzt, vermarktet  ihre bekannte Endung als „eine der vertrauenswürdigsten Domains“, die es „Menschen und Organisationen auf der ganzen Welt ermöglicht hat, ihre vertrauenswürdige Online-Identität zu untermauern“. In der Tat werben viele Webseiten mit ihrer .org-Adresse als Beweis dafür, dass sie bestimmte Standards der Vertrauenswürdigkeit erfüllen.

In Wirklichkeit gibt es keine solchen Standards. Eine Analyse von NewsGuard hat ergeben, dass eine beträchtliche Anzahl von Websites mit einer .org-Domain Fehlinformationen im Zusammenhang mit COVID-19, der US-Politik und anderen wichtigen Themen verbreitet. Von den 290 .org-Websites in der US-Datenbank von NewsGuard (Stand: Februar 2022) wurden fast 20 Prozent – 56 Webseiten – als „rot“ eingestuft, was bedeutet, dass sie generell unzuverlässig sind.

Dieses Phänomen ist nicht nur auf die USA beschränkt. Von 43 britischen sowie französisch-, italienisch- und deutschsprachigen Websites mit einer .org-Domain, die NewsGuard bis Februar 2022 bewertet hat, erhielten sogar knapp 50 Prozent eine rote Bewertung.

Neben Nachrichten- und Informationsseiten haben auch Plattformen die .org-Domain genutzt, die Inhalte von Nutzern veröffentlichen, die sie möglicherweise nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft haben. Dazu gehören 4chan.org, eine berüchtigte Plattform, die Online-Foren mit Pornografie, fremdenfeindlichen Inhalten und Gewaltdarstellungen beherbergt, und MedAlerts.org, eine Website, die mit einer Non-Profit-Organisation verbunden ist, die sich gegen Impfungen richtet und regelmäßig falsche und irreführende Informationen über Impfstoffe veröffentlicht.

PIR: Überwachung von Fehlinformationen ist nicht unsere Aufgabe

Auf Nachfrage von NewsGuard bezüglich der großen Anzahl von .org-Webseiten, die falsche Behauptungen veröffentlicht haben, erklärte Judy Song-Marshall, Chief Strategy Officer von PIR, im Februar 2022 per E-Mail, dass die Überwachung der Qualität von .org-Websites nicht die Aufgabe von PIR sei.

„PIR überwacht nicht die ‚Zuverlässigkeit‘ von Informationen auf den über 10,6 Millionen existierenden .ORG-Domains. Diese Art der Überprüfung ist eher auf der Ebene der Unternehmen angebracht, die solche Inhalte hosten“, sagte Song-Marshall. „Dennoch haben sowohl die .ORG-Registry als auch die Registratoren, bei denen die Kunden ihre Domainnamen registrieren lassen, Richtlinien zur akzeptablen Nutzung, die je nach Inhalt zur Anwendung kommen können. PIR geht aggressiv gegen Missbrauch vor und hat im Vergleich zu seinen Mitbewerbern am wenigsten Missbrauch zu verzeichnen.“

Bei den von Song-Marshall erwähnten Registratoren handelt es sich um Unternehmen wie GoDaddy und Name.com, über die Kunden Domainnamen erwerben können.

PIR definiert Domain-Missbrauch als “die falsche oder exzessive Nutzung von Macht, Position oder Fähigkeiten”, wozu auch die Verbreitung von Malware, die Verführung von Nutzern zur Herausgabe von Finanzdaten und das Versenden von unerwünschten Massennachrichten gehören. Die Veröffentlichung von Falsch- oder Desinformationen wird vom PIR nicht als eine Art von Missbrauch bezeichnet.

Im Jahr 2021 wurden laut den PIR-Statistiken zur Missbrauchsbekämpfung weltweit fast 29.000 .org-Domains als missbräuchlich eingestuft. Ungefähr 7.000 .org-Domains wurden 2021 gesperrt, so die Organisation. Aber auch hier nennt PIR keine Fehlinformation oder Desinformation als Grund für die Sperrung einer Domain.

Einige Domain-Endungen (formeller bekannt als Top-Level-Domains oder TLDs), wie .edu und .gov, können nur von Organisationen verwendet werden, die bestimmte Kriterien erfüllen. Die .gov-Domain beispielsweise steht nur “in den USA ansässigen Organisationen der Regierung und des öffentlichen Sektors” zur Verfügung, heißt es auf DotGov.gov, einer Webseite der U.S. Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA), die die .gov-Domain verwaltet. Educause, eine US-amerikanische Non-Profit-Organisation, die die .edu-Domain verwaltet, gibt an, dass Einrichtungen, die eine .edu-Adresse verwenden möchten, neben anderen Anforderungen, „Hochschulinstitutionen mit Sitz in den USA sein müssen.“

Jeder kann jedoch eine .org-Domain erhalten, indem er einfach eine geringe Jahresgebühr zahlt. Der Preis pro Jahr variiert je nach Web-Hosting-Unternehmen, kann aber bei nur 9,99 USD jährlich liegen. Die Domainnamen .com und .net sind weitere Beispiele für unbeschränkte Domains.

Über die Ergebnisse bezüglich des Anteils von .org-Webseiten, die Fehlinformationen verbreiten, sprach NewsGuard mit dem Bildungsprofessor Sam Wineburg von der Stanford University. Wineburg konzentriert sich in seiner Forschung darauf, wie Menschen die Glaubwürdigkeit von Online-Inhalten beurteilen. Aus seiner Sicht sind gesundheitliche Fehlinformationen auf .org-Sites ein Hauptproblem. „Sie werben schamlos damit als Symbol für Glaubwürdigkeit“, sagte Wineburg in einem Telefoninterview mit NewsGuard im Februar 2022 in Bezug auf PIR und die .org-Domain. „Das ist eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit.“

Offenbar glauben viele Menschen tatsächlich, dass „.org“ Qualität signalisiert. In einer von PIR durchgeführten Markenstudie aus dem Jahr 2013 glaubten 66 Prozent der Befragten in den USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Brasilien und Indien, „dass einige Kriterien erfüllt sein müssen, um einen .ORG-Domainnamen zu erwerben.“

Große Hochschulen und Universitäten haben zu dieser Fehleinschätzung beigetragen. Die Harvard University, die Northwestern University und das Boston College gehören zu den Hochschulen, die in Materialien mit Empfehlungen zur Bewertung von Online-Quellen schreiben, dass .org-Domains typischerweise zu gemeinnützigen Organisationen gehören.

Das College Writing Program von Harvard beispielsweise empfiehlt Studierenden, zu prüfen, ob es sich bei einer Webseite um eine .org handelt, um festzustellen, ob es sich um eine gemeinnützige Webseite handelt – als ob hier ein Unterschied zu .com-Webseiten läge. Dabei gibt es keine Vorschrift, dass .org-Webseiten gemeinnützig sein müssen. Viele, wenn nicht sogar die meisten der unzuverlässigen Webseiten, sind es nicht.

Harvard nennt .org-Domains in einer Gruppe mit solchen, die ihre Registranten tatsächlich überprüfen und weist Harvard die Studenten an: „Neben dem Autor sollten Sie auch den Veröffentlichungsort der Webseite in Betracht ziehen – den Ort oder Server, auf dem sich das Dokument befindet (oder von dem es stammt)… Ist das Webdokument mit einer Bundesbehörde (.gov), einer gemeinnützigen Website (.org), einer Bildungseinrichtung (.edu) oder einem Unternehmen (.com) verknüpft?“ (Eine .com-Domain muss nicht zwangsläufig mit einem Unternehmen verbunden sein, um eine solche Adresse zu haben).

VoltaireNet.com, eine von NewsGuard rot bewertete französischsprachige Nachrichtenseite, veröffentlichte im Oktober 2021 einen Artikel, in dem fälschlicherweise behauptet wurde, die Medikamente Hydroxychloroquin und Ivermectin seien bewährte Mittel gegen COVID-19. (Screenshot über NewsGuard)

Böswillige Akteure verstecken sich hinter .org

LiveAction.org, die Webseite einer Anti-Abtreibungsgruppe, war in der US-Datenbank von NewsGuard die „rot“ bewertete .org-Webseite mit den meisten Online-Interaktionen (definiert als die Gesamtzahl der Interaktionen, die ihre Artikel in sozialen Medien erhielten), die in den letzten 90 Tagen wiederholt falsche Nachrichten veröffentlicht hat (Stand: 1. Februar 2022).

  • Ein im August 2020 auf der Website veröffentlichter Artikel mit dem Titel „Report: Birth control increases risk of deadly blood clots from COVID-19“ („Bericht: Geburtenkontrolle erhöht das Risiko tödlicher Blutgerinnsel durch COVID-19“) brachte orale Verhütungsmittel fälschlicherweise mit schweren Krankheitsverläufen für Frauen in Verbindung, die an COVID-19 erkrankt sind. Der Artikel zitierte einen in der Zeitschrift Endocrinology veröffentlichten Bericht.
  • Tatsächlich handelte es sich bei dem von LiveAction.org zitierten Endocrinology-Bericht um einen Meinungsartikel und nicht um eine Studie. In dem Bericht selbst hieß es: „Zum Zeitpunkt der Abgabe dieses Kommentars liegen keine Berichte über ein erhöhtes Auftreten von VTEs [venösen Thromboembolien] bei schwangeren Frauen oder Frauen, die Östrogenpräparate einnehmen und gleichzeitig COVID-19 haben, vor.“
  • Der Artikel vom August 2020 hatte laut CrowdTangle, einem Social-Media-Monitoring-Tool von Facebook, bis zum 1. Februar 2022 etwa 8.500 Reaktionen, Shares und Kommentare auf Facebook erhalten.

Zu diesem Artikel befragt, teilte Josef Lipp, Chief Operating Officer von Live Action, NewsGuard im März 2021 per E-Mail mit, dass „bei der Überprüfung das einzige Problem, das man mit unserem Artikel haben könnte, ein Wort in unserer ersten Zeile ist.“ Nachdem NewsGuard Kontakt mit Lipp hatte, änderte LiveAction.org die erste Zeile des Artikels dahingehend, dass „Frauen, die hormonelle Antibabypillen einnehmen, ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel haben können, wenn sie sich mit COVID-19 infizieren“. Zuvor hieß es, dass sie „ein erhöhtes Risiko haben“. Doch auch nach dieser Änderung behauptete der Artikel weiterhin fälschlicherweise, dass „kurz gesagt, die Einnahme oraler Verhütungsmittel wie der Pille die Gefahren und Risiken von COVID-19 nur erhöht.“

Die zweitpopulärste als „rot“ eingestufte Webseite in der US-Datenbank von NewsGuard, die in den letzten 90 Tagen (Stand: 1. Februar 2022) wiederholt Falschnachrichten veröffentlicht hat, war ChildrensHealthDefense.org, die Webseite einer gemeinnützigen Anti-Impf-Organisation unter dem Vorsitz von Robert F. Kennedy, Jr.

  • Im Juni 2021 veröffentlichte die Webseite einen Artikel mit dem Titel “‘We Made a Big Mistake’ – COVID Vaccine Spike Protein Travels From Injection Site, Can Cause Organ Damage” („‘Wir haben einen großen Fehler gemacht‘ – COVID-Impfstoff-Spike-Protein wandert von der Injektionsstelle und kann Organschäden verursachen), in dem die falsche Behauptung aufgestellt wurde, dass Bestandteile der COVID-19-Impfstoffe von Pfizer und Moderna giftig sind und sich im Körper ausbreiten und Organe schädigen können.
  • Die Impfstoffe von Pfizer und Moderna beruhen auf Boten-Ribonukleinsäure (mRNA), die den Körperzellen mRNA zuführt und die Zellen anweist, einen Teil des COVID-19-Virus, das so genannte Spike-Protein, herzustellen. Impfstoffexperten haben jedoch erklärt, dass der Impfstoff selbst das Spike-Protein nicht enthält und dass das in geimpften Menschen produzierte Protein harmlos ist.
  • Der Artikel von Juni 2021 hatte nach Angaben von CrowdTangle bis zum 1. Februar 2022 fast 28.000 Reaktionen, Shares und Kommentare auf Facebook erhalten.

In einem ausführlichen Interview, das NewsGuard im März 2021 mit Kennedy, dem Vorsitzenden der gemeinnützigen Organisation Children’s Health Defense, führte, nannte Kennedy die Impfstoffe von Pfizer und Moderna „tödlich“ und bezeichnete die COVID-19-Impfstoffe im Allgemeinen als „ein Massenexperiment mit der Bevölkerung“.

ComeDonChisciotte.org, eine rot bewertete, italienischsprachige Nachrichtenseite, zitierte den Senator des Bundesstaates Virginia, Richard Black, in einem Interview vom November 2021, ohne seine falsche Behauptung zu widerlegen, dass die Präsidentschaftswahlen 2020 in den USA "massiv manipuliert" wurden. (Screenshot über NewsGuard)

In Europa haben mehrere .org-Seiten ebenfalls Fehlinformationen über COVID-19 sowie über andere wichtige Themen wie die Rechtmäßigkeit von Wahlen verbreitet.

  • VoltaireNet.org, eine französischsprachige Nachrichtenseite mit roter Bewertung, veröffentlichte im Oktober 2021 einen Artikel, in dem fälschlicherweise behauptet wurde, die Medikamente Hydroxychloroquin und Ivermectin seien bewährte Mittel gegen COVID-19.
    • In dem Artikel hieß es: „Historisch gesehen haben die Ärzte bei allen früheren Epidemien ausnahmslos versucht, die Kranken zu heilen. Das war die alte Welt. In der neuen transhumanistischen Welt soll niemand geheilt werden, sondern alle sollen mit einer neuen Technologie, der Boten-RNA, geschützt werden. Die meisten entwickelten Staaten verbieten ihren Ärzten, ihre Patienten zu behandeln, und ihren Apothekern, Medikamente zu verkaufen, die ihnen helfen könnten (Hydroxychloroquin, Ivermectin usw.)“.
    • In einer E-Mail an NewsGuard vom November 2021 ging Thierry Meyssan, der Eigentümer von VoltaireNet.org, nicht auf die Fragen von NewsGuard zu diesem Artikel ein. Als Antwort auf die Gesamtbewertung der Website durch NewsGuard schrieb er: „Wir denken nicht, dass Sie die Wahrheit besitzen und andere sich irren. Wir sind damit zufrieden, dass jeder von uns anders denkt. Wir sind der Meinung, dass sich die Wahrheit herauskristallisiert, wenn alle Standpunkte in Betracht gezogen werden.“
  • ComeDonChisciotte.org, eine italienischsprachige Website mit roter Bewertung, die sich selbst als Herausgeberin „alternativer Nachrichten“ bezeichnet, zitierte den ehemaligen Senator des Bundesstaates Virginia, Richard Black, in einem Interview vom November 2021 mit der Behauptung, dass „die US-Präsidentschaftswahlen massiv manipuliert wurden“, ohne dieser falschen Behauptung zu widersprechen.
    • Es gibt keine Beweise dafür, dass es bei den US-Wahlen 2020 zu einem weit verbreiteten Betrug gekommen ist. Einem Bericht der New York Times zufolge bestätigten hochrangige Wahlbeamte in allen 50 Bundesstaaten die Rechtmäßigkeit der Wahl 2020. Zahlreiche Bundesbeamte und unabhängige Beobachter kamen zu demselben Schluss, darunter auch hochrangige Beamte der Trump-Administration.
    • Im Februar 2022 schickte NewsGuard eine E-Mail an die allgemeine Adresse von ComeDonChisciotte.org und bat um einen Kommentar zu der oben erwähnten falschen Behauptung, erhielt aber keine Antwort.
  • AnonymousNews.org, eine rechtsextreme, deutschsprachige Nachrichtenseite, die von NewsGuard als rot eingestuft wurde, veröffentlichte im Oktober 2021 einen Artikel, der über falsche Behauptungen des Arztes Dr. Ryan Cole aus Idaho über angebliche Zusammenhänge zwischen COVID-19-Impfstoffen und Krebs berichtete.
    • In dem Artikel hieß es, Cole habe festgestellt, “dass es bei geimpften Patienten einen massiven Anstieg verschiedener Autoimmunerkrankungen und Krebsarten gibt.”
    • NewsGuard war nicht in der Lage, sich mit AnonymousNews.org in Verbindung zu setzen, um eine Stellungnahme zu diesem Artikel einzuholen, da die Webseite weder Kontaktinformationen aufführt noch Informationen über ihre Eigentümer oder die redaktionelle Leitung preisgibt.
AnonymousNews.org, eine rechtsextreme, deutschsprachige Nachrichtenseite, die von NewsGuard mit rot bewertet wurde, veröffentlichte im Oktober 2021 einen Artikel mit falschen Behauptungen über angebliche Zusammenhänge zwischen COVID-19-Impfstoffen und Krebs. (Screenshot über NewsGuard)

Die Ursprünge von .org

Die .org-Domain wurde 1985 als eine von ursprünglich sieben Domains (die als „generische Domains“ bezeichnet werden) eingeführt, zu denen auch .com, .net, .edu, .gov, .mil und .int gehören. Die allererste .org-Domain war Mitre.org, die Website der gemeinnützigen Mitre Corporation, einer Forschungs- und Entwicklungsorganisation, die in lukrativen Bereichen wie der US-Verteidigung, der Cybersicherheit, dem Gesundheitswesen, der inneren Sicherheit und dem Transportwesen tätig ist.

PIR verwaltet die .org-Domain seit 2003, als Nachfolger von VeriSign Global Registry Services. Im Jahr 2020 erwirtschaftete PIR etwa 96,3 Millionen Dollar an Einnahmen – die meisten davon aus Domain-Registrierungsgebühren – und schloss das Jahr mit einem Nettovermögen von etwa 38 Millionen Dollar ab, wie aus den Unterlagen der US-Steuerbehörde hervorgeht. Der CEO erhielt ein Gehalt von 574.000 Dollar.

PIR wird von der in Reston, Virginia, ansässigen gemeinnützigen Internet Society kontrolliert, die den Vorstand von PIR ernennt. Im November 2019 einigten sich die Investmentfirma Ethos Capital und die Internet Society darauf, dass Ethos Capital PIR und dessen Vermögenswerte, einschließlich aller .org-Domains, übernimmt. Ethos Capital gab an, in .org investieren zu wollen, „um den Ruf der Plattform und die Werte, die sie auf dem Markt repräsentiert, zu erhalten“. Die Internet Society erklärte, der neue Eigentümer werde Ressourcen mitbringen, die es PIR ermöglichen, „in das Register zu investieren“, und den Erlös als „Stiftung für eine nachhaltige Finanzierung“ für seine Arbeit am offenen Internet verwenden. Die Internet Corporation of Assigned Names and Numbers (ICANN), die das Namenssystem des Internets überwacht, legte jedoch im April 2020 ihr Veto gegen den Verkauf ein, da gemeinnützige Organisationen höhere Gebühren für .org-Domains befürchteten.

Die Schlussfolgerung: Es spielt keine Rolle, welche Art von Inhalten eine Webseite veröffentlicht; jeder kann eine .org-Domain auf seine Seite setzen und die Vorteile dieses vermeintlichen Vertrauensindikators nutzen. Dennoch glauben viele Menschen – aus verständlichen Gründen -, dass .org für Zuverlässigkeit steht. Und unter den mehr als 10,6 Millionen .org-Domains, die PIR überwacht, gibt es sicher noch viel mehr Webseiten als die hier genannten, die von einem seriösen Anschein profitieren, dem sie vielleicht gar nicht gerecht werden.